Wie Werbung wirkt
Erkenntnisse des Neuromarketing

Wie Werbung wirkt.
Erkenntnisse des Neuromarketing
Dr. Christian Scheier, Dirk Held
Hardcover, 195 Seiten, 29,80 Euro
Rudolf Haufe Verlag,
Niederlassung Planegg bei München, 2006
ISBN: 3-448-07251-6
In dem Gemeinschaftswerk von Dr. Christian Scheier und Dirk Held dreht sich viel um Werbung und alles um Markenkommunikation - jeder Kontaktpunkt zum potentiellen Käufer wird aus der Perspektive des Neuromarketings beleuchtet. Systematisch, illustriert mit vielen Fallbeispielen und auch für den Laien gut verständlich, zeigen die Diplompsychologen, was Marken für unsere Schaltzentrale anziehend und wertvoll macht.
Darüber hinaus geht das Autorenduo eine der großen Herausforderungen im Marketingalltag an: „..., nämlich die Umsetzung vom Produkt und der inhaltlichen Idee in konkrete, wahrnehmbare und vor allem wirksame Kommunikationsmaßnahmen. ... genau hier, zwischen Strategie und Umsetzung, klafft eine erhebliche Lücke in der Praxis. Diese oft sehr teure Umsetzungslücke wollen wir in diesem Buch schließen.“
Verschwendete Budgets aufgrund wirkungsschwacher Kommunikationsmaßnahmen zählen zu den Gründen für den „Neuro-Hype“. Trotz intensiver Marktforschung würden rd. 80% der neu eingeführten Produkte scheitern - Kostenpunkt laut Gfk (Gesellschaft für Konsumforschung): ca. zehn Mrd. Euro. Weiterer neuralgischer Punkt: Fast zwei Drittel der Marken werden von Konsumenten als austauschbar empfunden. Das Trostpflaster des Autorenduos: „Wir werden in diesem Buch zeigen, dass Werbung auch und gerade heute wirkt - nur eben anders als lange gedacht!“
Wie - das beschreiben Scheier/Held mit Sinn für Kontext in acht hochinteressanten Kapiteln. Sie entfalten das komplexe Forschungsfeld des Neuromarketings, erklären, welche tradierten Marketingmuster nach aktuellen Studien ad acta gelegt werden müssen, z.B. die des „Relevant Sets“. „Es gibt nur zwei Plätze im Kopf der Konsumenten: erster Platz oder dahinter! Das ist so, weil in den neurowissenschaftlichen Studien deutlich wird, dass die kortikale Entlastung im Kopf ausschließlich bei der Lieblingsmarke auftritt, der Nummer 1.“ Oder einmal mehr das tradierte Paradigma rationaler (Kauf)Entscheidungen: „Schlussendlich zeigt die Hirnforschung, dass alle - wirklich alle - Informationen im Gehirn emotional bewertet werden und es keine rein rationalen Vorgänge im ‚Denkapparat’ geben kann!“
Zur Abgrenzung von Freuds Begriff des Unbewussten sprechen die Autoren vom impliziten System, „den nicht reflektierten Vorgängen im Gehirn, die unser Verhalten massiv steuern, wie ein Autopilot“ - nach Schätzung der Autoren sind das 95%. Auch Lernprozesse finden weitgehend implizit statt. In jeder Sekunde speichern wir neue Informationen, ohne uns dessen bewusst zu sein. „Für eine nachhaltige Lernleistung und damit Wirkung - auch und gerade von Markenkommunikation - ist keine konzentrierte und bewusste Aufmerksamkeit nötig“. Statt dessen Kommunikation mit dem Autopiloten - ein Abschied auch vom klassischen „AIDA-Modell“.
Aber auch der Autopilot reagiert nur, wenn die Botschaft für ihn relevant ist. Als die vier Bedeutungsträger von Markenkommunikation identifizieren die Autoren Sprache, Geschichten, Symbole und die Sinne - wobei maximale Wirkung entsteht, wenn alle Sinneskanäle die gleiche Bedeutung transportieren. Die zentralen Motive, die Kunden antreiben, sind gebündelt im Sicherheitssystem, Erregungssystem und Autonomiesystem. Psychologischer Fokus auch Marken und Produkte. Ihre Funktion: Ungleichgewichte in den Motiven ausgleichen und verhindern bzw. langfristige Motive bedienen. Ohne den Anschluss an Motive bleibt der Kauf aus.“ Goldene Regel für erfolgreiche Markenkommunikation: „Die unbewussten Motive dürfen nur verschlüsselt angesprochen werden.“
Die praktische Umsetzung neuropsychologischer Erkenntnisse in die Praxis begleitet die Lektüre und wird im letzten Teil noch einmal ausführlich, Schritt für Schritt demonstriert. Basis ist das Instrument „Brand Code-Management“, das die Autoren für ihre Beratungsagentur „decode“ entwickelt haben. Ein differenzierter Ansatz für neuronale Markenführung vom Produkt über alle Kontaktpunkte mit der Marke bis hin zum POS.
Worum es in Zukunft aus Sicht der Autoren geht: „... die Welt der impliziten Vorgänge zu knacken, den Autopiloten über implizite Codes anzusprechen und zu steuern. In diesem ‚impliziten Marketing’ liegt die große Chance. Nutzen wir sie!“