Buy-ology
Warum wir kaufen, was wir kaufen

Buy-ology
Warum wir kaufen, was wir kaufen
Martin Lindstrom
Campus Verlag, Frankfurt, 2009 /
New York 2008
Hardcover, 230 Seiten, 24,90 Euro
ISBN: 978-359-3-38929-5
Der aktuelle Bestseller von Martin Lindstrom basiert auf persönlichen Feldstudien und den Ergebnissen Tausender Hirnscans inkl. Befragungen. Nach einer hartnäckigen Sponsoren-Suche initiierte der „Brand Futurist“ die bisher größte durchgeführte Neuromarketing-Studie - Kosten: 7 Mio. US-Dollar. Drei Jahre lang reiste er von einem internationalen Gehirn-Forschungslabor zum nächsten und förderte teils erstaunliche Erkenntnisse zu Tage. Eine Arbeit, für die Lindstrom im Jahr 2009 vom Time Magazine zu einem der 100 einflussreichsten Menschen der Welt gekürt wurde.
Eines seiner Hauptmotive für das Mammutprojekt: „Die herkömmliche Marktforschung funktionierte nicht.“ Denn Lindstrom wollte die „vielen unbewussten Triebkräfte, die unser Kaufverhalten steuern“ auf den Radar bekommen. Für ihn der neue Ansatz nach quantitativer und qualitativer Marktforschung. „In der Schnittmenge dieser drei Varianten liegt die Zukunft des Marketings: Der Schlüssel zum echten und umfassenden Verständnis der Gedanken, Gefühle, Motive, Bedürfnisse und Wünsche der Verbraucher, das heißt von uns allen.“
Lindstrom nimmt den Leser mit auf seine Reise - von Etappe zu Etappe - mit fließenden Übergängen, in denen das Thema in virulente Marketingprobleme eingebettet wird. Er erzählt von seinen Labor-Erlebnissen, eigenen Erfahrungen aus der Werbewelt und teils verblüffenden Entdeckungen. Auch die wissenschaftlichen Ausführungen fügen sich in den narrativen Ton ein, ohne an argumentativer Kraft einzubüßen.
Zum Auftakt präsentiert er beispielsweise die Erkenntnis, dass die Warnhinweise auf Zigarettenpackungen in Raucherhirnen den Lustkern zum Leuchten bringen. Auch wenn sie das Gegenteil behaupten, so wie Probandin Marlene „... ihr Gehirn hatte ihr hartnäckig widersprochen. Genau das Gleiche tun alle unsere Gehirne tagtäglich.“
Eine der Kernfragen: Welche Gehirnvorgänge machen Produkte ansprechender und erinnerswerter als andere? Beispielsweise die Aktivierung der Spiegelneuronen, die uns u.a. das Mitfühlen von Mitleid bis Schadenfreude ermöglicht oder uns dazu bringt, unbewusst das Verhalten anderer Menschen nachzuahmen. Wann wurde Ihre Produktwahl das letzte Mal von Freunden oder Kollegen beeinflusst? Oder von einer Schaufensterpuppe?
Die Spiegelneurone verbinden sich gerne mit Dopamin, „der Chemikalie des Vergnügens“. Bei dieser Mischung reichen 2,5 Sekunden für die Kaufentscheidung. Auch wenn später Reue aufkommt. Aber die Wurzeln des Gehirns, das sich seit 50.000 Jahren nicht mehr in seiner Funktionsweise geändert hat, sind stärker: „... bewusst oder unbewusst wählen wir Einkäufe so, dass sie möglichst unseren sozialen Status erhöhen - und dieser Status hängt mit der erfolgreichen Fortpflanzung zusammen.“
Weitere interessante Kapitel sind der Wirksamkeit unterschwelliger Botschaften und irrationalen Kaufgründen bis hin zur kultischen Verehrung von Marken gewidmet. Im Hirnlabor mit Abbildungen von Ikonen wie iPod, Ferrari, Harley Davidson bzw. Jesus und dem heiligen Gral konfrontiert, zeigte sich: „Es gab keinen Unterschied in der Reaktion der Gehirne auf starke Marken oder religiöse Kultgegenstände und Personen.“
Und es bleibt spannend: u.a. mit somatischen Markern, multisensorischen Erlebnissen inkl. verblüffender Studienergebnisse wie: Der Geruch aktiviert häufig die gleichen Gehirnregionen wie der Anblick eines Produktes. Oder Farbe erhöht die Markenwiedererkennung um bis zu 80%. Außerdem endlich die Wahrheit über Sex in der Werbung! Und einmal mehr die Erkenntnis, dass „unser Gehirn entscheidet, und meistens bekommen wir gar nicht mit, was da abläuft.“